Barcelona ist eine Stadt der Gegensätze. Ich begegne hier Massen von Touristen, daneben gescheiterte Existenzen, schwerst Betrunkene in den Seitenstraßen und es wird mir ständig Haschisch
angeboten. Nirgendwo habe ich solch ethnische Unterschiede gesehen wie hier. Aus allen Erdteilen kommen hier die Menschen zusammen. Ich sehe ganze Straßenabschnitte mit nur chinesischen,
indischen und sonstigen asiatischen Geschäften. Ich gehe heute gleich zweimal asiatisch essen. Ein Nudelsnack von einem Straßenimbiss zu Mittag und am Abend ein Menu in einem Chinarestaurant.
Beides ein Reinfall. Ich habe in diesem Viertel auch eine Wäscherei gefunden und gönne mir mein erstes knitterfreies Hemd seit nunmehr 34 Tagen.
Heute gehen pausenlos Knallkörper hoch. Soll mit dem für morgen anstehenden Feiertag zu tun haben. Ich sitze gerade in einer total versifften Bar. Es richt nach Urin und ich bin der einzige Gast,
mittlerweile bereits seit 20 Minuten und das Bier ist obendrein teuer. Die umliegenden Bars gehen während dessen über vor Menschen. Geldscheine verschiedener Länder wedeln im Ventilator an der
Wand hinter der Theke. Die Bar heißt COPA, auf den Kopf gestellt geschrieben. Meine Unterarme kleben immer wieder am Bartresen fest, während ich diese Eindrücke zu Papier bringe.
Menschen ziehen ihre Habseligkeiten in einem Handwagen durch die Gassen. Die Stadt ist so voll von Gegensätzen, während ich gerade in einem leeren Lokal saß, stehen hier Leute vor einem
Restaurant Schlange. Im Restaurant sind alle Sitzplätze belegt und es werden immer nur die Anzahl der Gäste, entsprechend den Sitzplätzen hinein gelassen. Am Ende der nächsten Gasse gelange ich
auf einen kleinen Platz der mit Menschen überflutet ist. Es gibt Musik, nicht mal Live, nur Playback aber die Leute freuen sich. Die Stadt ist berauschend und ich kann jetzt verstehen, das die
meisten Einwohner ihr Barcelona lieben und auch die zahlreichen Touristen.
Es werden immer wieder große Geschichten über diese Stadt geschrieben und es ist noch nicht allzu lange her, da habe ich das Buch „Der Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafon gelesen. Im
Innern der Stadt stößt man auf unzählige kleine Geschäfte, Lebensmittelläden, Gemüse- und Obstläden, kleine Supermärkte, Handwerker die Fahrräder reparieren, Handygeschäfte neben Kleinstfriseuren
mit gerade mal einem Stuhl.
Ich habe es mir mittlerweile in einem irischen Pub gemütlich gemacht. Man spricht hier englisch, ebenso das Personal und dies auch untereinander. Es dürften vermutlich Mädchen von anderen Ländern
sein, die ihren Aufenthalt mit diesen Jobs finanzieren. Das Lokal ist voll, ein Spiel der Fußball WM läuft über dem 2 Meter breiten LCD Display, Kamerun gegen Brasilien. Ich habe bisher noch kein
WM Spiel zur Gänze gesehen. Auch jetzt verspüre ich kein Verlangen danach. Ich habe auch den heutigen Nachmittag nicht mit dem Besuch von Sehenswürdigkeiten verbracht. Mein Kopf ist noch voller
Gedanken die sich auf dem Jakobsweg befinden und die ich noch zu ordnen habe. Ich will jetzt einfach nur die Seele baumeln lassen und die Stadt legt sich gerade dafür hin und neben mir Sandra,
die englischsprachige Kellnerin aus der Bar zuvor. Es könnte eine so schöne Nacht werden, doch nur in meinen Gedanken und dennoch bin ich Glücklich. Ich war gerade auf der schönsten Reise meines
Lebens, auf dem Camino de Frances.