Santiago de Compostela
Freitag 20.06.2014, der zweite Tag in Santiago de Compostela. Ich versuche etwas länger zu schlafen, aber um ½ 8 bin ich auf den Beinen. Das Pilgerbüro öffnet um 8.00 Uhr. Ich gönne mir zuerst noch ein Frühstück, bevor ich es aufsuche. Es ist 20 Minuten nach acht und es hat sich bereits eine kleine Menschenmenge von etwa 20 Pilgern gebildet. Nach 25 Minuten bin ich an der Reihe, ich bekomme meine Urkunde. Für die Statistik und für die um 12.00 Uhr anstehende Pilgermesse werden Herkunftsland, Name und Ausgangspunkt auf dem Camino Frances festgehalten. Ich halte meine Urkunde in Händen und bin stolz darauf. In der Pilgermesse heute Mittag, werden die Nationen der Starter von Saint Jean Pied de Port genannt. Es sind nicht viele und Österreich ist heute unter ihnen. Zu Ende der Messe wird der berühmte Weihrauchkessel geschwenkt. Die Kathedrale ist berstend voll, aber von den vielen Pilgern mit Ausgangspunkt Saint Jean Pied de Port, die ich nicht alle persönlich gesprochen habe, aber mit Sicherheit wieder erkennen würde, sehe ich heute nur Franziska. Ich bin noch weitere 2 Tage in Santiago und ich hoffe noch den einen oder anderen Bekannten zu sehen.

Heute erhalte ich ein Bett im Hostel (Albergue) „The Last Stamp“. Es liegt im Zentrum und hat erst kürzlich eröffnet. Ich muss es weiterempfehlen. Sehr schön, sauber, nur 6 Betten pro Zimmer und durch Mauern getrennt, auch Bettwäsche ist vorhanden. Ein eigener Kasten mit Zahlenkombination zum verschließen. Ein sehr nettes junges Personal, ich konnte mein Ticket für den Flug nach Barcelona ausdrucken. Leider ist das Hostel für Samstag bereits restlos ausgebucht und ich muss anderswo unterkommen. Aber für Sonntag habe ich wieder ein Bett. Es kostet 18 Euro pro Nacht und es gibt auch kein Zeitlimit für die Nachtruhe, es bleibt die ganze Nacht geöffnet. Ich finde mich allmählich zurecht in Santiago und seinen 94.000 Einwohnern. Eine wunderschöne Altstadt mit Unmengen an Verlockungen für den Gaumen und die Kehle. Straßenmusiker und Menschen der darstellenden Künste, runden das Stadtbild ab und nicht zu vergessen, Massen an Touristen. 

Langsam bekomme ich auch wieder etwas Gefühl in meine etwas Taub gewordenen Zehen und mein Rücken dankt mir für den ersten vollen Tag ohne Rucksack. Ich werde zum Touristen, sitze in einer Bar und gedenke nochmals des Weges, der mich hierher in diese schöne Stadt geführt hat. Es war ein Weg der mir vieles gezeigt hat. Die Schönheit und die Unbarmherzigkeit der Pyrenäen und der Wildheit mit der sie sich mir entgegengestellt haben, um mir aber nur eines zu sagen, bist du schwach so werfe ich dich ab, ich lasse dich spüren was dich in den kommenden Wochen erwartet, aber ich der Camino Frances werde, wenn du mich bezwingst, ein Teil von dir sein, für immer und ewig, hier, heute, morgen und in der Zukunft.

Der heutige Tag führt mich immer wieder an die Kathedrale, aber niemand kommt des Weges den ich kenne. Ich sehe unzählige Leute die sich in die Arme fallen und für einen kurzen Moment ihr Glück nach außen tragen, sodas auch ich es spüren kann, danke. Mir kommt es vor als sei es gestern gewesen, so ist die Zeit verronnen in den letzten 30 Tagen. Ein Monat, ein Tag, was ist Zeit, so viel davon vergeuden wir und sind uns nicht bewusst wie begrenzt sie für uns ist. Die Erde ist ein Staubkorn im Universum, doch im Moment sprengen meine Gefühle das Universum. Ich sitze in einer Bar in Santiago de Compostela und schreibe.  

Erkenntnis der Reise: Sie ist in mir.

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